Herbst-Zeit-Ohne

DesignerInnen ziehen Frauen aus – Auch in der kalten Jahreszeit.

Es ist wieder Herbst. Eine Jahreszeit, die auch für Sommermenschen einen gewissen Charme aufweist. Spaziergänge durch bunte Blätterwälder, gebratene Maroni, Kerzenschein, gemütlicher Wohnungsrückzug … und kuschelige Pullover, flauschige Schals, wärmende Jacken … Doch halt! Welch‘ abwegige Fantasien!

Nacktheit ist angesagt, auch wenn die Temperaturen klirren und das Außenthermometer zu vereisen droht. Für Frauen, das versteht sich von selbst! In den sich als kreativ denkenden DesignerInnen-Gehirnen scheint die empfohlene Nacktheit so was wie ein Naturgesetz zu sein. Denn die Up-to-Dates des Modeherbstes sind nicht etwa Verhüllungen, sondern das Gegenteil: Ent-Hüllungen! Ach, wie langweilig! Aber immerhin aufschlussreich…

Denn angesichts der als chic geltenden Transparenz allerorts muss schon einmal gefragt werden, was eigentlich noch transparent gemacht werden soll in einer Zeit der gesellschaftlichen und politischen Entblätterung, ja der Blöße, in der kaum mehr etwas verborgen bleibt. Nichts mehr verborgen sein darf. Kontrolle, Durchschaubarkeit, Ein-Deutigkeit, Ein-Dimensionalität, Ein-heitsbrei … lauten dementsprechend die Highlights im politischen Kontext.

Und so wie das Private – und leider allzu oft das Persönliche – öffentlich durchleuchtet werden soll – und wird- betrifft das Zerren ins Scheinwerferlicht insbesondere die Frauen und ihre Körper. Sie sind es, die von jeher einer besonderen Kontrolle unterliegen. Normierungen, die alleine für sie gelten und im Falle der Nichterfüllung zu Degradierungen unterschiedlichen Grades führen.

Im breiten und manchmal rein symbolischen Konnex von Politik und Mode entsteht der Eindruck, es gäbe da eine Sehnsucht nach einer Art Röntgenaugen, um in die Frauen und ihre Körper hinein schauen zu können. Um das unergründlich „dunkle Weibliche“ zu beleuchten, zu durchleuchten, zu durchdringen, wenn es schon nicht – verdammt! – errungen werden kann.

Wer diesen Zirkus der Entblößung voran treibt? Auf der als apolitisch geltenden Ebene der Mode, die sich jedoch – wenn auch unbewusst – paart mit dem politischen Sezierertum, sind es bekannte DesignerInnen, Frauen und mehrheitlich schwule Männer. Also selbst Unterjochte in der normativ determinierten Hetero-Welt. Zu fragen bleibt also, wieso sie – gerade sie – den Kreis der Unterdrückung fortsetzen!

(dabu/dieStandard.at)