Ein Allrounder

Der Pullover kam in den 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts auf und hat seinen Ursprung bei den Strickblusen englischer Seeleute.

Erst in den 1930er-Jahren fand der Pullover (engl. zieh über) nach Ablöse des Jumpers (engl. Springer) Verbreitung. Dieser wurde von Seeleuten zur Arbeit in den Takelagen getragen, wo wärmende und elastische Kleidung nötig war. Etwa um 1860 wurden diese Strickblusen aus Jersey zuerst in England und später in den USA unter dem Begriff Sweater (engl. Schwitzer) für sportliche Aktivitäten übernommen. Anfänglich war der Sweater, aus Trikotstoff und an der Vorderseite zu knöpfen, als Vorläufer der Strickjacke, den Männern vorbehalten und kam ab 1900 speziell in der Radfahrkleidung in Verwendung.

„Tricottaillen“

Als 1880 der Frauenberuf der Telefonistin boomte, kamen Oberteile aus Jersey, die sogenannten „Tricottaillen“ auf. Erst vierzig Jahre später wurden selbst- und maschinengestrickte Jumper modern, die sich schnell in ganz Europa verbreiteten. Dabei handelte es sich um hüftlange Modelle mit Gürtel und V-Ausschnitt; nach 1927 auch mit Stoffeinsatz, Schalkragen oder Bluseneinsatz, einfarbig oder mit geometrischen Mustern.

Ab den 1930er-Jahren wurde der Jumper Pullover genannt und gestrickt oder gehäkelt, mit V- oder rundem Ausschnitt von beiden Geschlechtern getragen. Während er für den Mann als Freizeit-Outfit fungierte, etablierte er sich für die Frau als variantenreicheres – sowohl Form als auch Material betreffend (Wolle, Seidengarn, Lurexfäden) – Allround-Kleidungsstück. Coco Chanel entwarf das Pulloverkleid und Elsa Schiaparelli verlieh dem Damen-Pulli durch gestickte oder eingestrickte Fantasiemuster im „Trompe l’oeil“-Stil, ähnlich der späteren Op-Art, modische Impulse.

Pullunder

In den 50er-Jahren waren sowohl sehr enge, figurbetonte Pullover, oftmals mit Fledermausärmeln, als auch extrem weite sportliche Modelle mit Rollkragen en vogue. Die taillenkurzen Ringel-Pullover kamen 1960 auf, genauso wie ärmellose Pullunder (engl. zieh unter) sowie der bis heute aktuelle Nicki und dünne Unterzieh-Rollkragen-Pullover. Durch die Mini-Mode dieser Ära kam das Pulloverkleid zu neuen Ehren: 1965 reichte es bis zu den halben Oberschenkeln oder bis zum Knie und wurde ohne Rock oder Hose getragen.

Rollkragen-Pulli

Der Pullunder setzte sich auch in der Herrenmode durch. Seit den 1920er-Jahren konnte er die Anzugweste ersetzen und erfreut sich bis heute auch als Freizeitdress großer Beliebtheit. Der Rollkragen-Pulli wiederum ließ sich in „Künstlerkreisen“ nieder. 1967 durfte er in der Farbe Weiß anstelle eines Hemdes sogar zum Smoking getragen werden. Populär geworden war diese Kombination durch die Dirigenten Herbert von Karajan und Leonard Bernstein. Als legere Version des eleganten Auftritts hat sich daran bis heute außer der Farbe des Unterziehrollis nichts geändert: jetzt ist er zumeist schwarz. (dabu)